Mit schlichter Eleganz glänzt Haus Schulenburg in der Mittagssonne. Die Außenmauern geben heute wie bereits vor fast 100 Jahren nur einen bedingten Blick auf die Gartenlandschaft und das Häuserensemble frei. Als Textilfabrikant Paul Schulenburg 1906 auf der Dresdener Kunstgewerbeausstellung ein Speisezimmer Henry van de Veldes erwarb, war er so begeistert, dass er sich einige Jahre später von dem belgischen Architekten ein geräumiges Landhaus entwerfen ließ – Haus Schulenburg. Henry van de Velde realisierte diesen Auftrag 1913/14 im Sinne eines Gesamtkunstwerkes.  Um den belgischen Bauhauswegbereiter und Maler van de Velde zu verstehen, muss man sich auf seine Architektur, sein Design und seine Gedanken einlassen. Das Ergebnis ist eine Kombination aus Staunen und Faszination für die Schönheit der modernen Kunst zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts.

Hinter der Villa liegt eine bewegte Geschichte. Sie war Heimat der Schulenburg-Familie, hat zwei Weltkriege überlebt und eine Schwesternschule beherbergt. Der spätere Leerstand ließ sie verfallen.

1996 erwirbt Dr. Volker Kielstein das Haus und sorgt mit viel Idealismus und Hartnäckigkeit für eine originalgetreue Rekonstruktion.

Heute stehen Haus und Garten (Bugabegleitprojekt 2007) von Haus Schulenburg unter Denkmalschutz.

Europaweit und akribisch war die Suche nach originalen Bauplänen, Entwürfen, historischen Fotos, Stoffmustern und Baumaterialen. Gemeinsam mit den Farb- und Materialbefunden vor Ort dienten sie als Vorlage für die Ergänzung von Holzvertäfelungen, Fliesen, Wandbespannungen und Lampen. Imposant sind die Treppe von der Diele zur Galerie und das wiederhergestellte Oberlicht. Henry van de Velde entwarf für Paul Schulenburg nicht nur Garten und Haus, sondern auch Möbel und Gebrauchsgegenstände. So stehen heute im Musiksalon, Speise- und Schlafzimmer die originalen Möbel.

Haus Schulenburg beherbergt ein Privatmuseum mit einer weltweit wichtigen Sammlung von Buchgestaltungen van de Veldes. Weiterhin zu sehen sind neben den originalen und mehrfach in der Fachliteratur publizierten Möbeln Architekturentwürfe, Stoffmuster sowie Veröffentlichungen des Künstlers. Die Spanne reicht von den neoimpressionistischen und abstrakten Anfängen um 1894 über den „Jugendstil“ bis hin zu konstruktivistischen Auffassungen der 20er und 30er Jahre. Seltene Bürgeler Keramiken, die unter dem Einfluss Henry van de Veldes Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind, runden die Ausstellung ab.

Ergänzt wird die Sammlung im Haus Schulenburg durch Werke zahlreicher Künstler aus dem geistigen Umfeld Henry van de Veldes, beispielsweise durch Plastiken der Bildhauer Constantin Meunier und Richrd Engelmann sowie von Buchgestaltungen und originaler Buchgrafik des englischen Arts and Crafts-Künstlers Walter Crane. In der weiträumigen Diele hängen Bilder der Weimaer Portrait- und Blumenmalerin Hilde Linzen-Gebhard. Sie war Schülerin des in Amerika bekannten Impressionisten Garry Melchers (Art Institut Chicago, Museum of Modern Art New York). Seltene Bucheinbände und Entwürfe des van de Velde Schülers Thilo Schoder, die Buchkunst des bedeutenden Bauhausbuchbinders Otto Dorfner, seltene Grafikfolgen von Walter Klemm aus dem von Otto Dorfner geführten Reiher-Verlag locken alljährlich nationale und internationaler Kunstliebhaber in das Haus Schulenburg Gera.