von Sylvia Eigenrauch / 03.04.2012 / otz / gera

Mit dem Gesamtkunstwerk Haus Schulenburg bewerben sich die Stadt Gera und die Eigentümerfamilie Kielstein um Förderung beim Wirtschaftsministerium. So soll der besondere Schatz auch Gera bekannter machen.
 

 

"Da kann ich bloß beten", sagt Dr. Volker Kielstein auf die Frage nach den Chancen, die er sich im Wettbewerb um das "Tourismusbudget 2012" ausrechnet. Mit jenem könnte nicht nur das Van-de-Velde-Museum im Haus Schulenburg in der Geraer Straße des Friedens erweitert, sondern auch der Garten mehr als verdoppelt werden. Dort steht noch das alte Schwesternwohnheim. An seiner Stelle ist geplant, alte Gartenpläne von Thilo Schoder zu neuem Leben zu erwecken und einen Skulpturenpark zu eröffnen. Moderne Gegenwartskunst will Familie Kielstein dort präsentieren. "Das passt zu Henry van de Velde, weil er zu seiner Zeit der Modernste war", meint Volker Kielstein (69).

Der in der Geraer Karl-Marx-Allee geborene und heute in Magdeburg lebende Arzt kennt das denkmalgeschützte Wohnhaus des Geraer Textilfabrikanten, Orchideenzüchters und Kunstsammlers Paul Schulenburg (1871-1937) aus Kindertagen. Sein Vater wies stets über die Backsteinmauer: Das ist ein van de Velde. Über jene Mauer hob er seine Frau erstmals an einem Wintertag des Jahres 1964. Damit sie einen Blick auf das Anwesen erhaschen konnte. Seit 1996 sind die Kielsteins Eigentümer der außergewöhnlichen Villa. Sie gehört zu den wichtigsten als Gesamtkunstwerk geplanten und erhaltenen Bauwerken des Alleskünstlers.

Der Belgier Henry van de Velde (1863-1957) war Architekt, Gestalter, Theoretiker und ein Bauhauswegbereiter. Die Restaurierungsarbeiten sind fast abgeschlossen. Das Bad, ausgekleidet mit weißem Marmor, ist derzeit im Bau. Der Kachelofen im Foyer fehlt noch und der Turm wartet auf seine Verjüngung. Über das Restaurieren sind Kielsteins zu Sammlern geworden und wurden fündig. Nicht nur die international beachtete Sammlung seiner Buchgestaltungen, auch von ihm kreierte Möbel fanden sich, belegt mit Fotos der originalen Einrichtung des Hauses.

 In einer großen Runde, zu der die Fachdienste Wirtschaftsförderung, Stadterneuerung, Bildung und Sport sowie Kultur und der Verein Gera Tourismus zusammengekommen waren, sei man sich sehr einig gewesen, dass Haus Schulenburg "genau das richtige Objekt wäre", mit dem sich die Stadt für das Tourismusbudget bewirbt, erklärt Dr. Frank Rühling, Fachdienstleiter für Kultur. "Es ist ein Beispiel für regionale Kooperation, die wir auch mit dem Bauhausjahr bewiesen haben", sagt er. Beim Umsetzen des eingereichten Konzeptes wollen Stadt Gera und die Hauseigentümer eine Vereinbarung als öffentlich-private Partnerschaft abschließen.

"Ich glaube, dass in Gera noch nicht richtig angekommen ist, dass van de Velde international eine Riesenrolle spielt", schätzt Prof. Dr. Rita Kielstein ein, die im Haus auch die Europäische van de Velde-Gesellschaft beherbergt.

Mit der Öffnung der Villa für Ausstellungen, Kabarett und Trauungen entdecken Einheimische den Schatz. "Für mich bleibt van de Velde ein großes Beispiel für die europäische Integration. Er ist noch immer eine Wiederentdeckung", ist Volker Kielstein überzeugt. Oberbürgermeister Dr. Norbert Vornehm (SPD) sieht in der Bewerbung für das Tourismusbudget "die mit Abstand beste Möglichkeit, uns außerhalb der Region ins Gespräch zu bringen". Schon jetzt sind für das van-de-Velde-Jahr 2013 aus Anlass des 150. Geburtstages zwei Ausstellungen geplant, vom Haus Schulenburg und Stadt Gera gemeinsam.

 

Thüringer Tourismusbudget 2012

  • - Das Thüringer Wirtschaftsministerium hat einen Etat von 750 000 Euro, auszugeben über drei Jahre, ausgeschrieben
  • - die Stadt Gera gehört zu den 26 Bewerbern
  • - Anfang Mai entscheidet eine Jury, welcher Bewerber den Zuschlag erhält
  • Gefördert wird das beste touristische Gesamtkonzept, das eine zusätzliche Nachfrage schafft