Gera muss kreisfrei bleiben. Darin sind sich die Botschafter der Stadt einig. Zum 1. Botschaftertreffen im Haus Schulenburg, zu dem Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn eingeladen hatte, bekräftigten Schulleiter Dr. Joachim Hensel und der Leiter der Musikspezialklassen Rainer Müller vom Goethegymnasium/Rutheneum seit 1608, Kuchenfrau Antje Otto, Rolf John, langjähriger Geschäftsführer-Gesellschafter und jetzt noch Berater der GM Getränketechnik und Maschinenbau GmbH, Boxtrainer Ulli Wegner, Schauspieler Andreas Schmidt-Schaller, Stadtratsmitglied Bernd Krüger, der Leiter der Geraer Parkeisenbahn Hans-Joachim Lassmann und  Dr. Volker Kielstein von Haus Schulenburg diese Forderung.

Gerüchte besagen, dass Gera mit der Gebietsreform nicht nur die Kreisfreiheit genommen werden soll, sondern nicht einmal Kreisstadt werde – eine Aussicht, die auf helle Empörung stieß. „Wenn wir die Kreisfreiheit verlieren, ist das Kind in den Brunnen gefallen“, ist sich Antje Otto, die mit ihren Kuchen u.a. schon in Brüssel und Berlin für Gera warb, sicher. Dr. Volker Kielstein stellte die Frage in den Raum: Was unternimmt der Stadtrat? Ulli Wegner vermutet: „Es wird nur noch geklagt, anstatt zu arbeiten.“ Und formulierte es im Stile des großen Boxtrainers: „Jetzt heißt es, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken.“

Die Gera-Botschafter werden ihre Kontakte noch stärker in den Dienst der Stadt stellen. Das ist das Ergebnis ihrer Ideenkonferenz. Der Konzertchor des Rutheneums als weltbester gemischter Jugendchor will die Gerschen mit neuen Veranstaltungen begeistern, angeregt wurden Konzerte im Garten von Haus Schulenburg oder im Konzertsaal des Theaters. Zuversichtlich ist Dr. Hensel, dass der Campus für das Rutheneum Realität wird. „Nach langem Kampf geht es vorwärts. Es ist das erste Mal seit 15 Jahren, dass ich so richtig optimistisch bin“, erklärt der Schulleiter des Gymnasiums. Bernd Krüger sieht Potentiale in der Städtepartnerschaft mit Sliven (Bulgarien), so im Bereich Textilindustrie, Kooperationen mit Getzner Gera, in Kultur und Tourismus. Ulli Wegner, der sich als Schirmherr für das Jugendprojekt Jumpers in Gera engagiert und seinen Promi-Status bei jeder Gelegenheit nutzt, um sich öffentlich zu Gera zu bekennen, weist auf die große Sympathiewerbung durch den Sport hin. „Im Sport wird einer Stadt ein Denkmal aufgestellt“, weiß Wegner. Andreas Schmidt-Schaller will eine Stadtschreiberin gewinnen, die die vielen liebenswerten Geschichten der Stadt aufschreibt. „Mein Traum ist, dass eine Soko-Folge in Gera gedreht wird. Gera bietet viele Motive für einen Film. So ein Projekt könnte in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden“, denkt Andreas Schmidt-Schaller laut über ein weiteres Vorhaben nach. Dr. Volker Kielstein regte an, dass sich der städtische Fachdienst mit den Kulturverantwortlichen in Jena und Zwickau in Verbindung setzt. Er selbst knüpfte erste Kontakte zum Museum für Angewandte Kunst in Wien und zu zwei großen Galerien in Berlin. Ein neues Projekt im Haus Schulenburg wird sich der Fortsetzung des Bauhauses in Grafik, Bild und Plastik in der DDR widmen. Hans-Joachim Lassmann appelliert an die Gerschen, jeder von ihnen möge sich als Botschafter für seine Stadt engagieren. Bei aller öffentlichen Wirkung, die durch Kultur und Sport erzeugt wird, mahnt Rolf John, die Wirtschaft nicht zu vergessen. „Erst muss das Geld verdient werden, bevor es ausgegeben werden kann“, weiß der Unternehmer, dessen Firma die Tradition des 1841 von Moritz Jahr gegründeten Maschinenbauunternehmens fortsetzt.

Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn freute sich über den intensiven und fruchtbaren Gedankenaustausch. „Wenn viele Bürger anpacken, werden wir unsere Stadt weiter voranbringen.“ Auch das Netzwerk unter den Botschaftern wird ausgebaut – mit monatlichen Botschafterbriefen der Oberbürgermeisterin, damit auch die, die nicht ständig in Gera sind, über alle Neuigkeiten informiert sind. Die Botschaftertreffen werden künftig vierteljährlich stattfinden.